Berliner Gericht erlaubt Cannabis im Gefängnis

Gericht erkennt Haftzelle als „gewöhnlichen Aufenthaltsort“
Auslöser war ein Fall am Amtsgericht Tiergarten, bei dem ein Häftling mit knapp 45 Gramm Blüten in seiner Zelle erwischt wurde. Die Staatsanwaltschaft wollte den Mann deswegen anklagen, doch das Gericht urteilte anders: Weil der Betroffene eine Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verbüßt, gelte seine Zelle als „gewöhnlicher Aufenthaltsort“ im Sinne des seit letztem Jahr geltenden Cannabisgesetzes (KCanG). Und dieses erlaubt es Erwachsenen, bis zu 50 Gramm Cannabis in der eigenen Wohnung oder einem ähnlichen privaten Bereich zu besitzen – was nun offenbar auch für eine Gefängniszelle gilt.
Die Staatsanwaltschaft legte zwar Revision ein, doch das Kammergericht Berlin bestätigte die Entscheidung. Das Gericht stellte klar, dass nicht der Ort, sondern die tatsächliche Lebenssituation entscheidend sei. Wer dauerhaft in der Zelle lebt, hat auch dort ein Anrecht auf das, was außerhalb erlaubt ist – zumindest was den bloßen Besitz betrifft.
Hausordnung geht vor
Trotz dieses Urteils bleibt der Konsum von Cannabis im Gefängnis weiterhin verboten. Das liegt nicht am Strafgesetzbuch, sondern an der Hausordnung der Justizvollzugsanstalten. Diese untersagt sowohl den Besitz als auch den Konsum von Drogen – inklusive Cannabis. Wer gegen diese Regeln verstößt, muss mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen. Das bedeutet: Auch wenn der Besitz jetzt möglicherweise nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird, können interne Strafen wie Zellenkontrollen, Besuchsverbote oder Einschränkungen im Vollzugsalltag folgen.
Die Berliner Justizverwaltung betont daher, dass sich im Knastalltag zunächst nichts ändert. Der Besitz mag nicht mehr strafbar sein, aber die Hausordnung bleibt verbindlich. Cannabis bleibt damit in der Praxis in den Gefängnissen weiterhin verboten – auch wenn es rechtlich erlaubt sein mag.
Zukünftig keine Reform zu erwarten
SPD-Politiker Sebastian Schlüsselburg begrüßte das Urteil. Er fordert, dass das Leben in Haft dem außerhalb so weit wie möglich gleichen soll – einschließlich des legalen Cannabisbesitzes. Für ihn ist das Urteil ein Schritt in Richtung Gleichbehandlung und soll einen Wiedereingliederung in die Gesellschaft begünstigen.
Ob dieses Urteil bewirkt, dass das KCanG für Häftlinge so angepasst wird, dass sie ein Recht auf Cannabis während der Haft haben, ist fraglich. Selbst große Punkte, wie die Umsetzung der zweiten Säule im Cannabis Gesetz, dauern an und im Vergleich dazu handelt es sich hierbei nur um eine Detailfrage - wenn überhaupt. Die Vorstellung, dass Cannabis in der JVA erlaubt sein sollte, während Alkohol weiterhin verboten ist, scheint die Vision doch mehr nach einem schönen Traum klingen zu lassen.