Kaum Auswirkung durch Legalisierung und dennoch Verschärfung von Regelung

Aktualisiert am
Veröffentlicht am
10.10.2025
Von
Philip Pranoto
Lesezeit:
3
Min.
Anfang des Monats wurde der erste Evaluationsbericht zur Legalisierung von Cannabis veröffentlicht. Darin wurde festgehalten, dass sich der Konsum hierzulande bisher kaum verändert hat. Kurz darauf gab die Bundesregierung bekannt, dass sie den Handel mit medizinischem Cannabis in seiner bisherigen Form einschränken möchte. Die darauf folgenden Reaktionen fallen gemischt aus.
Übergabe von medizinischem Cannabis in einer Apotheke

Ergebnisse des Evaluationsberichts zur Cannabis-Legalisierung

Wie zuvor bereits vorgesehen war, ist Anfang Oktober der erste Bericht zur Cannabis-Legalisierung erschienen. Dieser wurde von Forscher:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, des Universitätsklinikums Düsseldorf und dem Institut für Kriminologie (IfK) der Universität Tübingen verfasst und veröffentlicht. Darin wurde unter anderem festgehalten, dass sich der Konsum durch die Entkriminalisierung kaum verändert hat. 

Ganz im Gegenteil scheinen sich bisherige Trends eher weiter fortzusetzen. Während die Zahlen bei den Jugendlichen seit 2019 zurückgehen, steigen sie bei den Erwachsenen leicht an. Gleichzeitig gab es weder beim Jugendschutz noch im Verkehr einen bedeutenden Anstieg von Problemen. Durch die Entkriminalisierung konnte außerdem ein Rückgang cannabisbezogener Delikte um 60-80 % verzeichnet werden. Welche Auswirkungen das Gesetz auf die organisierte Kriminalität hat, wurde hingegen noch nicht festgestellt und der Bericht dazu soll am 1. April 2026 erfolgen. 

→ Der vollständige Bericht kann auf der Seite der Universität Hamburg gelesen und heruntergeladen werden.

Zur Versorgung des Bedarfes an Cannabis wurde berichtet, dass ein großer Teil mittlerweile über die Abgabe unter Bekannten erfolgt, die eigenes Cannabis anbauen. Obwohl diese Art der Weitergabe noch verboten ist, macht sie bereits einen bedeutenden Anteil aus. Gleichzeitig spielen Anbauvereine eine verschwindend geringe Rolle und machen im Jahr 2024 nur einen Anteil von weniger als 0,1% des Gesamtbedarfs aus. Eine Folge aus dem komplizierten und bürokratischen Prozess zur Gründung eines Cannabis Social Clubs. In Bezug auf medizinisches Cannabis wurde geschätzt, dass es in den 12 Monaten seit Inkrafttreten des KCanG nur etwa 9-13 % des Bedarfs deckt. Obwohl berichtet wurde, dass die Produktion und der Import davon hierzulande weiter ansteige.

Bundesregierung beschließt neue Einschränkung für medizinisches Cannabis

Der stetige Anstieg bei der Nachfrage von medizinischem Cannabis wird bereits länger kritisch gesehen. Besonders durch die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken von der CDU. Für sie ist das starke Wachstum bei der Nachfrage in Verbindung mit einem dazu im Vergleich eher geringen Anstieg der Behandlungszahlen durch die Krankenkassen ein deutliches Indiz dafür, dass viele den Weg über das privat bezahlte Rezept gehen. Diese werden durch Anbieter wie DoktorABC, Dr. Ansay oder Medcanonestop angeboten und erfolgen meist ohne eine Sprechstunde in Person bei einer Ärztin oder einem Arzt. Genau das soll sich nun ändern, wenn es nach der aktuellen Regierung geht. Demnach soll künftig eine persönliche Beratung vor Ort Pflicht sein und bei einer Folgeverschreibung soll in vier Quartalen mindestens ein Kontakt mit dem Arzt notwendig sein. Hinzu kommt, dass der Versand von medizinischem Cannabis komplett verboten werden soll. Damit wären über Nacht die Geschäftsgrundlagen der genannten Anbieter nicht mehr gegeben und für viele Patient:innen somit auch der Zugang zu medizinal Cannabis.

Während man in der Union diesen Vorstoß begrüßt, sieht beispielsweise der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA), dass die Regierung damit “über Ziel hinausschießt”. Grundsätzlich sei das Anliegen der Regierung “nachvollziehbar und [...] unterstützenswert", doch sehe der Verband darin seine Ansprüche nicht berücksichtigt. Für ihn stehen seine Mitglieder seit 21 Jahren “für rechtssicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversandhandel in Deutschland”. Das geplante Verbot impliziere hingegen, dass Beratung und Expertise im Versand mangelhaft sei, so Heinrich Meyer, Vorsitzender des BVDVA.

Obwohl der Beschluss von der Bundesregierung bereits getroffen wurde, muss dieser noch durch den Bundestag und den Bundesrat bestätigt werden. Ob das letztlich klappt, wird die Zeit zeigen.

Verdrängung des Schwarzmarktes könnte erschwert werden

Eine Beschränkung der derzeitigen Regelung beim Vertrieb von medizinischem Cannabis kann durchaus Sinn ergeben. So kann beispielsweise sichergestellt werden, dass Menschen, die tatsächlich auf Cannabis als Medizin angewiesen sind, ihre benötigten Sorten stets bekommen können und keine Versorgungsengpässe entstehen. Mit der geplanten Verschärfung schafft man jedoch ein Potenzial zur weiteren Stärkung des Schwarzmarktes, der eigentlich durch das KCanG eingedämmt werden sollte, womit man aktiv gegen das eigentliche Ziel handeln würde. Damit das nicht geschieht, müssen im gleichen Zuge sichergestellt werden, dass die bisherigen legalen Möglichkeiten ausgebaut werden. Das kann zum Beispiel geschehen, indem die Bürokratie rund um die Gründung eines Anbauvereins vereinfacht wird.

Zudem sollte die weitere Legalisierung vorangetrieben werden, sodass der Verkauf von Cannabis zum Freizeitkonsum erlaubt sein wird. Letzteres müsste gesetzlich noch beschlossen werden und kann erfahrungsgemäß noch länger dauern, weshalb mittelfristig zunächst die Förderung der Anbauvereine als erstes vorangetrieben werden sollte.

FAQs