Mariana Cannabis – Deutschlands größter CSC: Hält das Modell, was es verspricht?

Aktualisiert am
Veröffentlicht am
13.8.2025
Von
René Knösel
Lesezeit:
4
Min.
18.000 Mitglieder, 180 Standorte und eine große Vision: Mariana Cannabis will den legalen Cannabis-Eigenanbau in Deutschland auf ein neues Level heben – und das als zentral organisierter Dachverein. Die Idee dahinter: Mehr Schlagkraft, mehr Ressourcen, mehr Gemeinschaft. Doch zwischen ambitionierten Versprechen, bürokratischen Hürden und wachsender Kritik zeigt sich, dass die Realität komplizierter ist als gedacht. Viele Mitglieder warten seit über einem Jahr auf die ersten Lieferungen, während gleichzeitig strukturelle und rechtliche Fragen offenbleiben.
Mariana Cannabis

Das Versprechen: Community statt Coffeeshop

Wer bei Mariana einsteigt, zahlt mindestens 10 € pro Monat plus 25 € einmalige Aufnahmegebühr. Dieses Geld soll als Guthaben für zukünftige Cannabis-Abgaben dienen, sobald der Anbau vor Ort genehmigt ist. Der Verein tritt dabei nicht als lose Sammlung kleiner Clubs auf, sondern als bundesweiter Gesamtverein, unter dessen Dach alle lokalen Zweigvereine agieren. Die Mitglieder profitieren laut Eigenwerbung von einer großen Gemeinschaft, gemeinsamen Ressourcen und einem einheitlichen Qualitätsstandard. Für viele klingt das nach einer professionellen Alternative zu kleinen, lokal geführten Cannabis Social Clubs.

Die Realität: Viel Warten, punktuelle Fortschritte

Trotz beeindruckender Mitgliederzahlen und vieler Standorte ließ der Erfolg messbar lange auf sich warten. In Hessen wurden bis Juli 2025 nur elf von 38 Anträgen genehmigt, darunter die Mariana-Clubs in Marburg, Gießen und Kassel. Gerade diese Standorte wurden lange als Vorzeigebeispiele für den baldigen Start präsentiert, doch die tatsächlichen Lizenzen kamen erst im Juli 2025. Frankfurt, ein weiterer wichtiger Standort, wartete Ende Juli noch immer auf die Genehmigung. Währenddessen haben andere, unabhängige Clubs wie die „Broccoli Buddies“ in Fulda schon ihre erste Ernte verteilt. Dieser Vergleich sorgt bei vielen Mariana-Mitgliedern für Frust und Unverständnis.

Streitpunkt: Zentrale „Grow-Hubs“

Ein wesentlicher Unterschied zu kleineren Clubs ist Marianas Konzept der zentralen Anbauhallen – oft „Grow-Hubs“ genannt – in denen mehrere Vereine gleichzeitig produzieren. Aus Sicht der Organisation bringt das Effizienz und Einheitlichkeit, aus Sicht der Behörden jedoch rechtliche Probleme. Das KCanG erlaubt es ausdrücklich, Genehmigungen zu versagen, wenn mehrere Anbauvereine in derselben Immobilie oder unmittelbaren räumlichen Nähe produzieren. Genau diese räumliche Nähe ist bei Marianas Modell gegeben. Behörden prüfen solche Clusterlösungen besonders streng, da sie den Verdacht einer quasi-kommerziellen Plantage wecken könnten. Hier liegt einer der Hauptgründe für die langen Wartezeiten.

Governance & Geldflüsse

Marianas Struktur ist klar zentralisiert: Verwaltung, Buchhaltung und Beitragsabwicklung erfolgen über den Gesamtverein in Göttingen. Gesetzlich ist eine Mindestmitgliedschaft von drei Monaten vorgeschrieben, Widerrufsrechte für Mitglieder sind nicht vorgesehen. Kritiker:innen bemängeln, dass dies für Neumitglieder eine finanzielle Verpflichtung bedeutet, ohne dass ein klarer Zeitplan für die erste Ausgabe besteht.
Hinzu kommen Berichte über Mahnungen und Inkasso-Verfahren, wenn Beiträge nicht gezahlt werden. Parallel existieren verbundene Unternehmen, wie etwa die Mariana Beteiligungsgesellschaft UG, die mit dem Aufbau des Vereins-Ökosystems in Verbindung stehen. Auch wenn solche Strukturen rechtlich zulässig sind, werfen sie für manche Mitglieder Fragen zur Transparenz und zur Verwendung der Mitgliedsbeiträge auf.

Stimmungslage: Zwischen Pioniergeist und Frust

Die öffentliche Wahrnehmung von Mariana ist gespalten. Einerseits gibt es Lob für den Mut, ein so großes Projekt auf die Beine zu stellen und für den legalen Eigenanbau zu kämpfen. Andererseits häufen sich in Online-Foren, auf Trustpilot und in sozialen Medien kritische Stimmen. Dort fallen Begriffe wie „Scam“ oder „Abzocke“. Auch Verbraucherschützer haben Bedenken geäußert, und der Deutsche Hanfverband hat die Debatte um Marianas Modell öffentlich aufgegriffen. Das zeigt: Mariana ist längst nicht nur ein internes Vereinsprojekt, sondern Teil einer größeren politischen und gesellschaftlichen Diskussion darüber, wie CSCs in Deutschland organisiert sein sollten.

Was bedeutet das für Mitglieder?

Wer Mitglied bei Mariana wird, sollte sich bewusst machen, dass er zunächst in den Aufbau des Projekts investiert – und nicht in eine sofortige Versorgung mit Cannabis. Selbst wenn der eigene Standort schon Lizenzen hat, dauert es bis zur ersten Ernte oft noch Monate. Bevor du beitrittst, lohnt sich ein genauer Blick in die Satzung, die Kündigungsbedingungen und vor allem in den Genehmigungsstatus deines lokalen Clubs. Denn letztlich entscheidet nicht der Gesamtverein, sondern die jeweilige Genehmigung vor Ort darüber, wann die erste Abgabe tatsächlich möglich wird.

Fazit

Mariana Cannabis ist ein ambitioniertes Projekt mit großem Potenzial, das aber in der Praxis aufzeigt, wie schwer sich große Dachvereins-Strukturen mit der deutschen Regulierung tun. Das Konzept der zentralen Grow-Hubs bleibt ein Risiko in der Genehmigungspraxis, und lange Wartezeiten sind für viele Mitglieder die Realität. Politisch ist zum 1. Oktober 2025 eine Evaluation des KCanG angekündigt – Anpassungen und Klarstellungen sind wahrscheinlich. Wer heute einsteigen will, sollte doppelt prüfen, wie transparent Strukturen und Geldflüsse sind und ob der lokale Club bereits eine Anbaulizenz hat.

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